Armin Hohenadler

Ironman/Ultraläufer

UTMB Ultra Trail du Mont-Blanc

Posted by armin on August 30th, 2009

Am Freitag den 29. August war um 18:30 Uhr der Start zum UTMB. Für mich war es die erste Teilnahme und ich war schon gespannt, was mich da wohl alles erwartet.

Ich kam ohne Stürtze und Verletzungen über die 166 km, 9400 Höhenmeter nach 24:50 h als 10. von ca. 2300 Teilnehmern ins Ziel! Wahnsinn!!!!

UTMB ULTRA TRAIL DU MONT-BLANC, der härteste Berglauf, das Hawaii der Ultra Läufer
Um hier an den Start gehen zu dürfen, muss man bei bestimmten Qualifikationsrennen Punkte sammeln und danach entscheidet das Los, wer teilnimmt.

Ich hab mir mal wieder einen Traum erfüllt, der UTMB. Am Freitag, den 29.08.2009 erreichte ich mit dem PKW nach über 700 km Fahrt um ca. 14 Uhr den Ort Chamonix, von wo heute Abend um 18:30 Uhr gestartet wird.

Endlich angekommen, geht es an die Parkplatzsuche, bei 2300 Teilnehmern am UTMB nicht so leicht. Danach beginnt die Suche nach der Ausgabe der Startunterlagen, anschließend geht’s zur Pasta Party. Für meine Pflichtausrüstung brauche ich noch diesen Becher, um an den Verpflegungsstellen Getränke zu bekommen, also ab zur Messe, wo ich nach längerer Suche dann einen Plastikfaltbecher für 8 € erwerbe. Die Zeit verrinnt, also zurück zum Auto, um alles fürs Rennen vorzubereiten. Am Ende bleiben mir noch gut 20 Minuten, um mich auch mental auf das Rennen einzustellen. Am Start treffe ich einige Bekannte und nach längeren Verhandlungen mit den Ordnern darf ich dann auch in die vordere Startreihe, denn von hinten will ich das Feld nicht aufrollen. Die Stimmung am Start ist super, es ist ein warmer Sommerabend mit vielen Zuschauern und nervösen Läufern. Die Spitzen der Berge liegen noch im hellen Sonnenlicht, während sich im Tal langsam die Dämmerung ausbreitet. Pünktlich um halb 7 Uhr wird gestartet, die Zuschauer toben und das Feld von 2300 Läufern schiebt sich die 8 Km nach Le Houche. Die ersten Kilometer geht es über Asphalt, dann kommt ein Mountain-Bike-Pfad mit ein paar Höhenmetern. Das Tempo ist eigentlich zu hoch, aber was soll`s, langsamer wird man von allein, wenn die Beine voll sind! Dann schreit mir der Läufer neben mir zu, „your back pack  is open“, eine kurze Schrecksekunde! Sind meine Stöcke, Jacke, Pflichtausrüstung usw. noch da? Aber zum Glück ist nichts herausgefallen und ich bitte den Läufer, mir gleich meine Stöcke zu geben, damit der Reißverschluss nicht noch mal aufgeht. Alles auf Englisch, bis sich herausstellt, dass es ein „Österreicher“ ist, der „Lois“! Wir laufen dann noch einige Kilometer zusammen und unterhalten uns gut. Die erste Verpflegung in Le Houche lasse ich aus und dann folgt mit dem Col de Voza der erste Berg (700 Hm auf 5 Km). Hier treffe ich einen Bekannten vom Chiemgauer 100, Uli Calmbach, mit dem ich den ersten Berg (La Charme) hochlaufe. Nach gut 2 Stunden, 21 km und 937 Höhenmetern dämmert es bereits und ich erreiche Saint-Gervais. Hier ist richtig was los, der ganze Ort ist wohl auf den Beinen und feuert uns lautstark an. Das muss man wirklich sagen, anfeuern können die Franzosen, jeder, den man auf der Strecke trifft, ist hier aktiv. Hier nehme ich meine erste Nudelsuppe zu mir und etwas Käse. Für unterwegs fülle ich meine beiden Flaschen mit Wasser und mische es mit Squeezy Energy Drink. So, Stirnlampe an und weiter geht´s gleichmäßig die 10km und gut 500 HM zum Les Contamines. Bei der kommenden Verpflegung muss ich wieder Suppe und Flaschen nachfüllen. So geht das die nächsten Verpflegungspunkte weiter. Die folgenden Kilometer sind ein relativ gerades Teilstück, bis der lange Aufstieg zum Croix du Bonhomme beginnt. Es ist stockfinster und Nebel zieht auf. Vor mir ist ein Läufer in der Nähe und ich entscheide, mich hier ranzuhängen, um nicht alleine hoch zu laufen. Nach über 2 Stunden, kommen wir um Mitternacht auf 2479 m am Gipfel an. Kurzer Stopp und weiter in die kalte neblige Nacht, runter nach Les Chapieux. Vor mir ist immer noch der gleiche Läufer und ich frage ihn nun, wo er herkommt! Er ist aus Marokko! Hm! Ich frage ihn, ob er Mohamed Ahansal kennt, der die letzten beiden Jahre den Marathon des Sables gewonnen hat. Dann hab ich wohl nicht alles richtig verstanden, jedenfalls stellt sich heraus, dass er es selbst ist und wir uns vom MdS kennen. Ja so klein ist die „Ultra Läufer Welt“. Für ihn ist es der erste Lauf über eine Strecke von mehr als 100 km! Der Abwärtslauf geht bei mir ganz gut, so laufe ich voraus, um nun wieder mein Tempo zu halten. In Les Chapieux verpflege ich mich noch mal ordentlich, denn ich habe bereits ca. 50 km und 6 Stunden hinter mir. Jetzt geht es aus dem Dorf raus in ein langes Tal hinein, mit leichtem Anstieg, wo ich ein paar weitere Teilnehmer und auch die führende Frau treffe. Nach einiger Zeit setze ich mich ab und laufe allein in Richtung Col de la Seigne (2516 m) hinauf. Der Nebel wird immer dichter und ich kann den Weg kaum mehr erkennen. Die Sicht beträgt ca. 2-3 m und die Markierungsfähnchen liegen so etwa 50 m auseinander. Es ist wirklich abenteuerlich, hier den Weg zu finden. Ich bin echt froh, zur Sicherheit meinen Garmin Forerunner mit dem Track vom UTMB dabei zu haben. Wie ich später erfahre, haben sich hier über 20 Teilnehmer verlaufen oder aufgegeben. Ich erreiche um 02:14 Uhr den Gipfel und nach der Zeitnahme an der Kontrollstelle laufe ich runter zum Lac Combal, um mich zu verpflegen. Die Riegel zwischendurch bringe ich bereits kaum mehr runter, so nehme ich bei den Verpflegungen immer 2 Teller Nudelsuppe. Noch 565 HM zum Arete Mont-Favre hoch, dann geht es endlich nach Italien in den Ort Courmayeur, wo bereits meine Betreuerin auf mich wartet und ich meine Vorräte auffülle. Ich habe bereits 10:20 h, 4273 HM, 77,5 km in den Beinen und noch mehr als die Hälfte liegt vor mir. Der nächste Abschnitt über 5 km, 800 HM zum Refuge Bertone, einem Hochplateau, erreiche ich nach 1 Stunde. Hier wieder Verpflegung aufnehmen und weiter über 7,5 km, knapp 400 HM nach Refuge Bonatte, wieder ca. 1 Stunde. Es ist kalt, bewölkt und es bläst ein starker Wind, der mir in die Knochen kriecht. Mittlerweile habe ich schon sehr zu kämpfen, meine Beine brennen und ich bin schon ganz schön ausgelaugt. Was ich zu der Zeit nicht wusste, dass ich bereits an 15. Stelle war! Aber ich zwinge mich immer wieder weiter zu laufen, immerhin habe ich ja schon die Hälfte hinter mir! Von Refuge Bonatte (2020 m) geht es dann runter nach Arnuva (1769m), um dann von dort den höchsten Punkt, den Grand Col Ferret (2537 m) zu besteigen. Der Wind wird immer stärker, es nieselt leicht. Die Bergsteiger, die ich treffe, haben alle Mütze, Handschuhe und eine warme Jacke an. Ich überlege schon, mir meine warmen Sachen anzuziehen, denke aber, es dauert ja nicht so lange und extra meinen Rucksack abschnallen usw. will ich nicht. So laufe ich durch die Kälte, der Puls steigt und die Höhe macht mir wirklich zu schaffen. Ich habe leider in meiner Vorbereitung kein Höhentraining gemacht und dies rächt sich jetzt. Ich kämpfe mich immer weiter, nur nicht stehen bleiben! Um 08:47 Uhr erreiche ich den Kontrollpunkt nach dem Gipfel, nichts wie runter von dem Berg, denke ich. Ich spüre meine Hände kaum mehr. Abwärts wird es schnell wärmer und ich erhole mich etwas. La Fouly (1593), die nächste Verpflegung, erreiche ich um 10 Uhr, wo ich erst mal über das Buffet herfalle, um mich für die nun immer noch fast 60 km und 3000 HM zu stärken. Ich laufe weiter runter nach Praz de Fort (1055 m), den tiefsten Punkt auf der Schweizer Seite und habe leichte Bauchschmerzen, hoffentlich vergeht das wieder, das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen. Unten angekommen, wieder rein in die Verpflegung, hier wartet auch meine Betreuerin, die mich bisher versorgte. Ich muss mich nun bereits auf der Geraden quälen, aber ich zwinge mich immer wieder weiter zu machen und denke mir, keine Nacht mehr, heute Abend bin ich in Chamonix! So laufe ich dahin und überhole mal wieder einen anderen Teilnehmer. Das nächste Ziel ist Champex-Lac (1477 m) bei Kilometer 123., das ich um 12 Uhr mittags erreiche. 16. lange Stunden auf 122,8 km und 6899 HM habe ich hinter mir und liege an 13. Stelle. Drei Gipfel befinden sich noch vor mir! Also breche ich auf zum Bovine, 10 km und ca. 700 HM. Ich bewege mich immer grade so an der Grenze meiner Belastbarkeit, kann dies aber mittlerweile gut steuern. Ja hier muss man sich schon ganz schön quälen, aber die Berge sind wunderschön und man wird mit ihrem Anblick belohnt. 1 ½ Stunden brauche ich, überhole einen der Teilnehmer und freue mich, endlich oben zu sein. Bei der Kontrolle genehmige ich mir kurz eine Suppe. Runter kann ich ja dann beim Laufen etwas entspannen und Kräfte sammeln. Eine Stunde vergeht und ich erreiche Trient, die nächste Verpflegung. Ich trinke bereits seit ein paar Stunden nur noch Cola mit Wasser verdünnt, das vertrage ich in diesem Stadium am besten. Von hier geht’s wieder auf der anderen Seite hoch zum Catogne (2011 m), 5 km, knapp 800 HM, wo ich im Wald wieder einen Läufer einhole. Dann denke ich mir, das gibt es doch nicht, wenn das so weiter geht, komme ich noch unter die Top 10, die bei der Siegerehrung eine Skulptur bekommen. Also halte ich drauf und motiviere mich so, immer weiter zu laufen, trotz der hohen Belastung und der Schmerzen. Auf halber Strecke abwärts überhole ich den nächsten Läufer, Wahnsinn! Als ich dann schon das Verpflegungszelt sehe und gerade einen Wiesenhang runter laufe, kommt mir vielleicht 100 m vor der Station Vallorcine wieder ein Läufer unter. Dieser bleibt stehen und lässt mich vorbei und schaut ganz verdutzt, als ich vorbeischieße. Die Leute feuern mich an, schreien meinen Namen! Also schnell rein ins Zelt, noch einen Teller Suppe, Cola in die Flaschen und so renne ich los, auf den letzten Berg zu, die letzten 18 km und 1000 HM! Erst ist die Strecke flach, dann folgt eine leichte Steigung, der Puls wird schneller! Jetzt bloß nicht überdrehen und einfach locker weiter, wie zuvor. Endlich bin ich in Col des Montels, am Fuße des La Tete aux Vents (2130 m). Ich denke mir nur, jetzt hier noch hoch dann hast du es schon fast geschafft, aber es zieht sich ewig. Als ich meine, oben zu sein, muss ich noch den ganzen Berg oben entlang laufen, bis ich Punkt 18 Uhr an der Kontrolle ankomme. Von hier noch mal 1/2 Stunde zur Verpflegung bei La Flegere. Ich schaue immer wieder rüber, wo meine Verfolger wohl sind, es trennen mich nur noch 7 km/ 850 HM vom Ziel. Den 10. Platz lass ich mir nun nicht mehr nehmen, also entschließe ich mich, hier volle Kanne runter zu rasen, alles zu geben, egal! Es ist wieder ein super Trail, der unten dann in eine Forststraße mündet und ich beginne bereits hier meinen Zielsprint. Ich höre schon die Zuschauer im Zielbereich! Bleibe aber noch kurz stehen und hole meine Bayernfahne raus. Und so laufe ich, schnellen Schrittes, an den vielen anfeuernden Leuten vorbei in Richtung Ziel. Es ist ein irres Gefühl, nach dieser langen Zeit ins Ziel zu kommen. Die Organisatorin begrüßt mich. Unglaublich!!!! Ich kann es gar nicht fassen und brauche auch einige Zeit, um es zu realisieren, es geschafft  zu haben.
Für mich war es der längste Wettkampf, ich war 24:50 Stunden, bis auf die Verpflegungspausen, nur am Laufen.
 

Am Sonntagnachmittag fand die Siegerehrung statt, was für mich schon ein besonderer Augenblick war, hier von den 2300 Teilnehmern, unter den „Top Ten“ auf der Bühne zu stehen.
Dieser Wettkampf ist auf alle Fälle weiter zu empfehlen, denn es war wirklich alles super organisiert und die Strecke mit den vielen Trail´s, in der wunderschönen Landschaft war einzigartig.

 

Ergebnisse  Bericht Traunsteiner Tagblatt UTMB.pdf

Bild UTMB Campex.JPG Bild UTMB Zieleinlauf.JPG